MS Loreley
MS Loreley

Vorbild

Dieses Modell eines Fahrgastschiffes ist benannt nach dem weltberühmten Felsen im UNESCO-Weltkulturerbe Mittelrheinteil, der schon so manchem Schiff zum Verhängnis wurde – auch dem Vorbild dieses Modells. Das MS Loreley wurde im Jahr 1996 zusammen mit seinem Schwesterschiff Marksburg bei De Hoop in den Niederlanden erbaut und im gleichen Jahr von der Köln-Düsseldorfer Deusche Rheinschiffahrt AG (KD) in Dienst gestellt.
Bei diesem Schiffstyp wurde viel Wert auf behindertengerechten Zugang und auf Familienfreundlichkeit gelegt. So kann man mit dem Lift das Sonnendeck erreichen, wo die Kinder einen Spielplatz mit Planschbecken und Rutschbahn erwarten. Kein Wunder also, dass die Loreley vom ADAC als Testsieger ausgezeichnet wurde. Der KD gelang mit diesen 8 Millionen Mark teuren Schiffen ein bedeutender Schritt bei der Modernisierung der Flotte.
Angetrieben wird das Schiff von zwei Schottelpropellern und einem Bugstrahlruder, wie das heutzutage üblich ist. Über dem Maschinenraum liegt ein weiterer Salon. Dieser ist schwebend auf Federn gelagert, so dass sich die Vibrationen kaum bemerkbar machen.
Tragische Berühmtheit erreichte das MS Loreley im September 2003, als es bei Niedrigwasser ausgerechnet gegenüber der dem namensgebenden Felsen Grundberührung hatte und beide Propeller beschädigt wurden. Der Kapitän tat sein Bestes, mit Hilfe des Bugstrahlruders die Fahrt zu verlangsamen, konnte aber nicht verhindern, dass das Schiff gegenüber dem Felsen auflief.
Abgesehen von dieser Havarie erfüllte das Schiff zuverlässig seinen Dienst. Bei gutem und schlechtem Wetter ermöglichte es seinen Gästen, das einzigartige Mittelrheintal von seiner besten Seite zu erleben.
2014 bekam die Loreley einen neuen Werbeanstrich und fährt seitdem im Raum Köln.

Modell

Bei meinen bisherigen Fahrgastschiffmodellen hatte ich immer wieder Probleme bei Wind und Wellengang. Binnenfahrgastschiffe sind verhältnismäßig hoch und kopflastig und sie haben nur ein geringes Freibord. Sobald Wellen im Spiel waren, bangte ich um meine Modelle. Nun wollte ich ein Schiff bauen, das mit diesen Bedingungen fertig wird. Meine Wahl für ein weiteres Fahrgastschiff fiel auf das MS Loreley, weil es verhältnismäßig breit, und dabei nicht hoch ist. Außerdem sind die Aufbauten ziemlich komplex, was zum einen eine Herausforderung ist, zum anderen interessant aussieht. Bei der Konstruktion achtete ich darauf, das Modell bis fast zum Oberdeck dicht zu halten. Natürlich sollten auch die üblichen Spielereien eingebaut werden: Vorbildgetreue Steuerung durch zwei Schottelpropeller und Bugstrahlruder, Geräusche, verschiedene Lichteffekte und das metallische Sonnendeck, auf dem meine Passagiere mit den Magnetfüßen sicheren Halt finden. Neu auf der Liste sind eine Tanzfläche im Fahrgastraum, Radar, der bewegliche Kapitän, Schiebetüren und Passagiere, die aus diesen Türen heraustreten.

Bau

Tiefgang ist beim Binnenschiff immer auf ein Minimum reduziert und ich überhöhe das Unterwasserschiff immer, da ich das erforderliche Gewicht nicht einhalten kann. Diesmal wollte ich etwas näher ans Limit gehen und begann daher zum ersten Mal mit den Aufbauten, da ich deren Gewicht möglichst genau wissen wollte, bevor ich den Tiefgang festlegte. Die Seitenteile fertigte ich wie immer im Doppelpack: Ich klebe zwei Teile 1.5mm-Sperrholz punktuell zusammen, zeichne das obere Teil an und fräse die Fenster grob aus. Die Fenster müssen mit der Feile nachgearbeitet werden, was viel Zeit und Geduld benötigt. Danach werden die Teile von außen mit dem Bandschleifer auf die richtige Größe gebracht. Zum Schluss werden die punktuellen Verklebungen mit dem Teppichmesser aufgelöst und schon hat man zwei identische Seitenteile.
Besonders kompliziert war der Bau des hinteren Salons. Die Fenster sind hier recht unförmig und dazu springt die Wand in einer schrägen Fläche zurück. Das resultierende Bauteil war eine recht wackelige Sache. Stabilität gab es erst nachdem das Deck angeklebt war. Auf dem Oberdeck plante ich im den Passagieren zugänglichen Bereich eine Fläche aus dünnem Metall. Auf dieses kann ich später nach Belieben Passagiere aufsetzen, die ich mit kleinen Magneten an den Füßen ausstatte. Soweit, so gut. Allerdings musste ich am Oberdeck eine beträchtliche Fläche dünner schleifen, damit das Metall sich dort einfügt. Das Deck an sich ist in der Mitte abgestuft, und so musste ich ein paar Treppen einbauen.
An der Abstufung wird der Schiffsrumpf von zwei Schornsteinattrappen unterbrochen. Darin befinden sich beim Original auf Backbord ein Treppenhaus und Steuerbord ein Aufzug – beides ist natürlich vom Salon aus zugänglich, deshalb konnte ich die Attrappen auch nicht massiv ausführen. Ich formte zunächst das obere Ende. Der Rest besteht aus gebogenem Sperrholz. Als all diese Teile fertig waren, musste ich viel Schleifarbeit leisten, damit alles zusammenpasst. Diese Phase war die kritischste beim Bau. Als alles passte, wusste ich, dass das Modell gelingen wird.
Inzwischen konnte ich das Gewicht des Schiffes etwas besser abschätzen und legte den Tiefgang fest. Damit begann der Bau des Rumpfes. Basis ist eine 15mm dicke Multiplex-Platte, die den Boden bildet. Sie wurde ausgesägt und nur an den Kimmrundungen stehengelassen, da sie sehr schwer ist. Damit hatte ich die Kimmrungunden, auf die ich Spanten aufsetzen konnte. Am Ende des Tages war das Gerüst fertig und die Bodenplatte aus dem dünnen Sperrholz aufgeklebt. Am nächsten Tag wurden die Bordwände hinten und an den Seiten aufgeklebt.
Eine kurze Kontrolle mit der Waage zeigte immer noch grünes Licht und so konnte ich die Aufbauten installieren. Das Ergebnis konnte sich schon sehen lassen.
Damit blieb nur noch der Bug. Diesen stellte ich erstmals aus mehreren dünnen Holzstreifen her. Diese verklebte ich danach nochmal über kreuz und verklebte alles mit Epoxydharz. Der Rumpf musste noch geschliffen und mit dem Airbrush lackiert werden und schon war er fertig.
Da nun der Rumpf stand, ging es an die Beschlagteile. Poller stellte ich mit meiner Drehbank selber in der gewünschten Größe her, Anker kaufte ich. Schwierig gestaltete sich die Reling, denn ich wollte sie sehr genau nachbilden. Beim Original sind die Relingpfosten gebogen und der untere Teil der Reling besteht aus einem Metallgitter. Nichts, wofür es vorgefertigte Teile gibt, daher entschloss ich mich, die Relingstützen und die Gitter aus Fotoätzteilen herstellen zu lassen. Einmal dabei, fand ich auch andere Teile für Fotoätzung. Einmal die blaue Wegerechtstafel und ein paar Schriftzüge, vor allem aber auch die Spielgeräte am Heck.
Vorne baute ich diesmal ein Radar mit einem kleinen Getriebemotor ein. Simpel, aber ein echter Hingucker.
Bei einem Fahrgastschiff fließt die meiste Arbeit immer in den Innenraum. Auch diesmal galt es, ca. 350 Stühle und 52 Tische aufzustellen. Die Stühle kann man Gott sei Dank im Internet im Architekturbedarf finden. Dennoch muss man sie alle von Hand bemalen. Dazu kommen noch Wände, Glastüren, Anrichten und so weiter. Neu diesmal ist die Tanzfläche im Salon vorne. Die Figuren bewegen sich in verschlungenen Kreisen – wiederum mit Hilfe von Magneten. Unter Deck befindet sich ein Getriebe, auf das Magneten eingeklebt sind. Oben im Salon folgen die Figuren diesen Magneten. Viel Aufwand, wenig Beachtung. Nur am Abend, wenn die Beleuchtung den Innenraum betont, kann man dieses Schauspiel würdigen.

Technik

Das Modell sollte vorbildgetreu mit Schottelpropellern betrieben werden. In der Literatur ist von Twin-Propellern die Rede, also wollte ich natürlich auch solche einsetzen. Auf dem Markt findet man aber keine Schottelpropeller in der passenden Größe. Daher entschied ich mich zum Kauf von zwei Raboesch 108-30-Querstrahlrudern. Diese befreite ich von dem Rohr und zum Vorschein kam eine Gondel mit 2 Propellern. Leider war das Getriebe direkt am Motor angeflanscht, den ich an dieser Stelle nicht brauchen konnte. Ich entfernte auch den Motor und installierte an seiner Stelle eine kurze Welle in einem Rohr, das ich an die Gondel anstecken und in den Rumpf einschieben konnte.
Leider bewährte sich das System nicht, denn die angesteckte Gondel musste in einem ganz bestimmten Abstand befestigt werden, damit das Getriebe nicht schlackert. Durch die vielen Einzelteile war das ganze Konstrukt auch sehr wartungsanfällig. Nach einem Jahr Betrieb entschied ich mich, die Gondel neu zu gestalten. Ziel war eine Gondel, die bis in den Schiffsrumpf reicht und die in einem längeren Rohr gelagert werden konnte. Ich setzte mich an den PC und konstruierte ein Ersatzteil. Dieses ließ ich im 3D-Druckverfahren anfertigen und baute es ein.
Die Ansteuerung der Gondeln über Wasser funktioniert durch ein System von Zahnrädern. Diese übertragen die Kraft von einem 360°-Servo auf die angeflanschten Propellergondelschäfte. Teil des Systems ist eine Schottelsteuerung von IMTH. Diese tastet die Schubrichtung mit Hilfe eines Magneten ab, der sich im Zahnradsystem entsprechend den Gondeln mitdreht. Somit kann die Platine das Servo so lange bewegen, bis die gewünschte Steuerrichtung erreicht ist. Abgerundet wird der Antrieb von dem Bugstrahlruder von Raboesch.
Das Modell verfügt über Positionslampen und Beleuchtung im Fahrgastraum. Normalerweise verwende ich hierzu konventionelle Glühlampen, da ich vor Jahren mit LEDs schlechte Erfahrungen gemacht habe (die Farbe war nicht schön). Heute ist die LED-Technik viel weiter und ich wollte ihr eine zweite Chance geben. Ich besorgte eine Rolle mit 5 Meter warmweißen LED. Wie sich herausstellte, ist dieses Weiß nicht wirklich warm, aber für ein modernes Schiff durchaus in Ordnung.
Abweichend vom Vorbild realisierte ich mit hellen LEDs eine Unterwasserbeleuchtung, die am Abend viel Spaß macht. Das Nonplusultra ist aber die Festbeleuchtung. Längs der Schiffsachse installierte ich zwei Streifen mit RGB-LEDs, die an einen Lichtcomputer angeschlossen sind. Über jedem Fenster führte ich zwei Lichtleiter abwechselnd an die zwei LED-Streifen. Da beide Streifen unabhängig und damit verschiedene Lichttöne erzeugen können, leuchten die Lichtleiter in abwechselnden Farben.
Seit Jahren besitze ich schon eine Anlegebrücke, die mit Metall verarbeitet ist. In den Booten setze ich Magnete ein, doch bei den ersten Experimenten zeigte sich ein Problem: Die Magneten müssen sehr stark sein, um die Verbindung zur Brücke herzustellen, solange das Schiff noch im Anlegen begriffen ist. Andererseits kann das Boot mit starken Magneten nicht mehr ablegen. Die Lösung besteht darin, die Magneten ins Schiffsinnere zurückzuziehen. In die Boote baue ich mittig unter den Eingängen eine Schiene, auf der ich Schlitten mit den starken Neodymmagneten führe. Die Schlitten werden von einem Servo in die Schiffsmitte zurückgezogen, um abzulegen.
ine Neuheit bei diesem Bau ist der Kapitän, den ich ferngesteuert aus dem Ruderhaus bis an die Fahrpulte an den Seiten führen wollte. Auch hier setzte ich auf meine Figuren mit den Magnetfüßen. Unter Deck befindet sich ein langer Hebel mit dem Gegenmagneten. Dieser wird von einer Servowinde von Backbord nach Steuerbord geführt. Oben läuft der Kapitän immer brav mit. Ein Hindernis für ihn sind die Türen des Ruderhauses. Diese werden ebenfalls von dem Hebel unter Deck bewegt. Auf seinem Weg quer über das Schiff bewegt er hufeisenförmige Hebel, die ihre Ausrichtung direkt auf die Türen übertragen. Die Hufeisen – und damit die Türen - werden von Haushaltsgummis in den Endstellungen gehalten. Auf dem Weg nach außen öffnet der Hebel die Tür, Auf dem Weg nach innen schließt er sie wieder.
Alle meine Modelle betreibe ich mit derselben Fernsteuerung – einer Graupner MC-32 HOTT. An Bord nutze ich ein Stecksystem, das mir den einfachen Austausch von Fahrtreglern und dem Soundmodul erlaubt. Dadurch muss ich erstens nicht für jedes Schiff neue Elektronik kaufen und kann zweitens sehr leicht auf Fehlersuche gehen, falls ein Elektronikteil kaputt ist. Die Fahrtregler sind AS12/40RW-Regler von modellbauregler.de. Sie steuern die Bürstenmotoren auf allen meinen Schiffen. Der Sound wird vom Modul Marke Beier USM-RC2 geliefert. Dieses Modul ist fantastisch: Es liefert nicht nur Geräusche, wie Horn und Glocke, sondern kann auch Musik spielen. Außerdem steuert es über 12 Schaltkanäle Licht, Radar und jede Spielerei, die mir einfällt – alles auf einem Kanal.